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Unsere berühmte Weihnachtskrippe

Unsere berühmte Weihnachtskrippe

Beschreibung der Krippe
aus dem Pfarrarchiv, nach Aufzeichnungen von Hw. Herrn KR Johannes Sigmund.

Die etwa 65 cm großen Figuren sind in drei Personengruppen zusammengestellt. Die mittlere Personengruppe ist natürlich die Heilige Familie. Neben der Krippe sitzt die heilige Mutter Maria und sieht beglückt und demütig auf ihr Kind. Eigentlich ist ihr Sitzen mehr ein anbetendes Knien. Die zarten Finger ihrer linken Hand bewegen sich zum Kind hin. Daneben steht der heilige Nährvater Josef. Auch seine Hand weist hin auf das Kind in der Krippe. Und im Hintergrund - wie könnte es anders sein - sind Ochs und Esel.
Die rechte Personengruppe sind 10 Hirten mit Stöcken, Flöte, Laterne und mit Schafen. Einer der Hirten trägt eine Gans und einer bringt in einem Käfig einen Hahn.
Im Hirten, der der Krippe am nächsten ist, hat sich der Künstler Franz Barwig d. Ä. selbst porträtiert.
Alle Hirten blicken staunend, neugierig und erwartungsvoll auf das neugeborene Kind.
Von der linken Seite her kommen die Weisen aus dem Morgenland. Sie bringen ihre Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Einer von ihnen ist ein Mohr. In ihrem Gefolge befinden sich nicht nur drei Diener, sondern auch ein Papagei ein Gepard, Elefanten und Kamele. Die Tauben auf dem Dach und die Halleluja-singenden Engel runden das Bild ab.

Die Bedeutung der Weihnachtskrippe der Pfarrkirche Tulln St. Stephan, geht weit über die Pfarre hinaus. Auswärtige Besucher kommen eigens in der Weihnachtszeit nach Tulln, um diese Krippe zu sehen. Es gibt Weihnachtskarten mit der Darstellung dieser Krippe. Sie wird natürlich erwähnt in Arbeiten über ihren Schöpfer, den Bildhauer Franz Barwig d. Ä. (so in einer Dissertation von Gabriele Kala, Wien 1978) und war in den Sommermonaten 1986 im Mährisch-schlesischen Heimatmuseum in Klosterneuburg in einer Sonderausstellung zu sehen.

Franz Barwig d. Ä. (1868 - 1931) hat diese Krippe mitten im ersten Weltkrieg im Jahr 1916 geschnitzt. Offensichtlich geschah dies auf Anregung des hochwürdigen Herrn Heinrich Kammerer, der von 1892 bis 1918 Kooperator in Tulln war.
Leider suchen wir in der Kirchenrechnung des Jahres 1916 vergeblich den Preis für die Krippe. Es finden sich dort lediglich Vermerke
bei Inventar-Zuwachs: "Eine neue Krippendarstellung /: Holzschnitzerei ausgeführt in Wien :/ befindlich in der nordwestlichen Nische der Kirche"
und bei Inventar-Abfall: "Die alte Krippe abgegeben nach Chorherrn. Erlös hat erhalten H. Coop. Kammerer zur Abzahlung der neuen Krippe".

Größere Reparaturen durch den Sohn des Künstlers, Prof. Franz Barwig d. J., waren 1949 und 1967 durchgeführt worden. 1985 haben zwei Präsenzdiener des Bundesheeres in Langenlebarn in ihrer Freizeit die elektrische Beleuchtung entsprechend installiert.

Barwig hatte die Krippe in Tulln -St. Stephan ursprünglich in ein Gewölbe unter dem Nordturm eingebaut.
Zeitweise war die Krippe in der Marienkapelle aufgestellt, weil sie dort mehr im Blickfeld der Gläubigen stand.
Über Empfehlung von Prof. Barwig d. J. ist sie seit 1967 wieder dort, wo sie ursprünglich stand.

DER KRIPPENSCHNITZER VON SCHÖNAU

Franz Barwig d. Ä. wurde 1868 im nordmährischen Schönau bei Neutitschein in einer Bauernfamilie geboren. Er zeigte schon als Kind großes Interesse für Krippen. Mit 7 Jahren begann er Krippenfiguren zu schnitzen und stellte sie in den Fenstern des Elternhauses zur Freude und Bewunderung für die Vorübergehenden aus. Mit 12 Jahren schnitzte er eine Krippe für eine Ortskirche seiner Heimat.
Mit 19 Jahren kam der begabte junge Mann nach Wien und besuchte die Kunstgewerbeschule. Mit 25 Jahren ließ er sich als freischaffender Künstler in Wien nieder. Seine Wohnung war in Pötzleinsdorf.
Er gewann als "Meister der Tierplastik" größtes Ansehen im In- und Ausland. Auch die Darstellung der Figuren des bäuerlichen Lebens seiner Heimat entsprach seiner besonderen Liebe und Begabung. Auf dem Gebiet der sakralen Kunst schuf er neben vielen Heiligenfiguren auch mehrere Weihnachtskrippen, so auch die in Tulln und im nahe gelegenen Hausleiten.

Sein letztes plastisches Werk hat der Künstler selbst zerstört - es war eine ganz in Tücher gehüllte Figur mit erhobenen Armen; die Zeichnung dazu ist erhalten.
Dabei handelte es sich um ein visionäres Werk: Im zweiten Weltkrieg konnte sich ein Schüler Franz Barwigs beim Luftangriff auf Dresden nur auf diese Weise - in feuchte Tücher gewickelt - aus der brennenden Stadt retten.
Im April 1931 erkrankte Franz Barwig an einer schweren Grippe. Im Anschluss daran machte er am 15. Mai 1931 in einem Anfall von Depression seinem Leben selbst ein vorzeitiges Ende.